Der Ausbruch von Covid-19 hat den Verdener Eisenbahnfreunden den Saisonauftakt im Frühjahr gehörig versalzen: "Eigentlich wollten wir seit Ostern wieder fahren, zumal die Strecke nach den Reparaturarbeiten im vergangenen Jahr wieder bis Stemmen befahrbar ist", so Dennis Mellerowitz, Vorsitzender des Vereins. "Gerade die besucherstarken Fahrtage an Ostern, Himmelfahrt und Pfingsten mussten wegen Covid-19 ausfallen." Dadurch gingen dem Verein zwar einerseits Fahrgeldeinnahmen verloren, andererseits entstanden in dieser Zeit auch wenig Betriebskosten, so dass sich der wirtschaftliche Schaden zum Glück einigermaßen in Grenzen hielt.
Doch am Sonntag, den 16. August, soll es endlich wieder losgehen nach Stemmen, wenngleich auch mit einigen Corona-bedingten Einschränkungen: So fährt der Zug mit einem geänderten Fahrplan, und es gelten Corona-Besonderheiten, wie man sie zum Teil auch von andernorts kennt (s. gesonderter Kasten). Abfahrt ist in Verden um 11.40 Uhr, die Ankunft in Stemmen erfolgt gegen 12.30 Uhr, wo der historische Bahnhof geöffnet hat und Pedalritter auf ihre Drahtesel wechseln können. Kurz darauf geht es zurück nach Neddenaverbergen, wo der Zug eine knapp dreistündige Pause einlegen wird: Die Zeit kann genutzt werden für Spaziergänge z. B. zum rund einen Kilometer entfernten Gasthaus "Zur Linde", wo man individuell und im Rahmen der dortigen Corona-Bedingungen zu Mittag essen kann. Gegen 16.00 Uhr fährt der Zug dann zurück nach Verden, wo er um 16.30 am Bahnhof eintreffen wird. Eine eigene Gastronomie bieten die Eisenbahnfreunde an diesem Tag nicht an, es gibt aber einen Kaltgetränkeverkauf.
Gänzlich Ruhe eingekehrt sei bei den Museumsbahnern in den vergangenen Monaten freilich nicht, so Mellerowitz: "Der eine Vereinskollege reparierte die Stationshäuschen, der andere nahm den Kampf gegen das Unkraut auf. Mit einer Kerntruppe von zwei bis drei Mann wurde fleißig in der Werkstatt weitergearbeitet, mal samstags, mal wochentags nach Feierabend." So hat der Fahrradwagen des Museumszugs gerade erst neulich eine fällige Bremsuntersuchung erhalten. Das Hauptaugenmerk liegt aber aktuell auf dem Personenwagen Nr. 3, der ca. 1910 für eine lothringische Zechenbahn gebaut wurde und damit genauso alt ist wie seine Einsatzstrecke zwischen Verden und Stemmen. Er verfügt über die für Kleinbahnen so charakteristischen Holzsitzbänke 3. Klasse mit bis zu 70 Sitzplätzen und offene Einstiegsbühnen. 2004 kam er als Gelegenheitskauf nach Verden und war auch schon mal einige Jahre im Kleinbahnexpress im Einsatz, musste dann aber wegen größerer Rostschäden abgestellt werden. Auch Fahrwerk und Bremse müssen einmal gründlich zerlegt und durchgecheckt werden.
In den letzten Wochen und Monaten hat der Wagen gute Fortschritte gemacht: Die Schlosserarbeiten, für die der Waggon fast komplett entkernt werden musste, sind fast abgeschlossen. Aktuell präsentiert er sich im grauen Grundierungsgewand. Gearbeitet werden musste fast immer mit Schutzmaske - nicht nur wegen Covid-19, sondern auch um nicht den Staub vom Schleifen einatmen zu müssen. Nun kann es mit dem Innenausbau losgehen, für den die ersten Bauteile wie Fensterrahmen und Wandverkleidungen bereits aufgearbeitet wurden. Das Holz für den neuen Fußboden liegt ebenfalls bereit. "Wir sind zuversichtlich, den Wagen noch in diesem Jahr fertigstellen zu können", so der 1. Vorsitzende, "jedoch wird er wohl in dieser Sommersaison nicht mehr zum Einsatz kommen können." Dafür wäre auch noch mehr Women- und Menpower erforderlich: "Momentan suchen wir händeringend neue Aktive mit handwerklichem und bastlerischem Geschick und Ehrgeiz, beispielsweise in der Holzbearbeitung oder Elektrik, aber auch für den Zugdienst."
Da die Eisenbahnfreunde derzeit über keinen anderen eigenen einsatzfähigen Personenwagen verfügen, springt die "Schienenflotte" mit ihrem in Verden stationierten blauen Triebwagen für die bevorstehenden Kleinbahnexpress-Fahrtermine ein. Die nächsten Fahrten sind am 13. September und am 3. Oktober geplant. Die Fahrt am 22. August zum Treckerfest nach Armsen wird wegen Absage der Veranstaltung nicht stattfinden, so Mellerowitz: "Wir hoffen aber jetzt einfach mal, dass uns Corona nicht noch einen weiteren Strich durch die Rechnung machen wird."