„Wir helfen einander“
Selbst der amerikanischen Militärregierung in München war es in ihrer bundesweit vertriebenen Zeitschrift „Heute“ wert, im Juli 1950 über Kirchlinteln zu berichten. Der Grund war der Bau der Flüchtlingssiedlung „Gottes Gnaden“ am Alten Kohlenförder Weg. Auf einer Doppelseite wurde die Geschichte dieser einmaligen Sache mit sechs Fotos illustriert.
"Wir helfen einander“ sei der Wahlspruch der Flüchtlingssiedlung von Kirchlinteln ist da zu lesen und wird anschließend begründet: Das Dorf Kirchlinteln bei Bremen hatte vor dem Kriege 650 Einwohner; nach 1945 kamen 750 Flüchtlinge dazu. „Man hatte das Gefühl, in einem brodelnden Topf zu stecken . . .“, sagt Pastor Weber. „Es mußte etwas geschehen . . .“ Er setzte sich mit einem Baufachmann und einem Juristen zusammen, beriet, besprach, berechnete – und schlug dann den einheimischen Bauern vor, aus eigener Kraft eine Flüchtlingssiedlung zu errichten. „Wir wollen einander helfen!“ Die Bauern hörten sich ihren Pastor an – und nickten . . . Der Wohlhabendste gab ein Hektar Land als Baugrund. Ein Zimmermann machte kostenlos die Baupläne. Alle Gespann- und Traktorenbesitzer fuhren umsonst die Baumaterialien an. Die Handwerker nahmen halbe Preise. Und die Flüchtlinge, fast alle arbeitslos, stellten die Arbeitskräfte. Die ersten paar tausend Mark wurden durch Wohltätigkeitsveranstaltungen aufgebracht. Für den Flüchtling sieht die Finanzierung seines Hauses im Wert von 11 500 Mark so aus:
- Eigene Arbeitsleistung: 2 860 DM
- Barspende und Arbeitsleistungen der Gemeinde: 3 240 DM
- Unverzinsliches Landesdarlehen, das in Jahresraten von 162 DM zurück gezahlt wird: 5 400 DM
- Summe: 11 500 DM
Der spätere Eigentümer bringt also als Anfangskapital nur seine eigene Arbeit mit. Guter Wille, Energie und vorbildliche Hilfsbereitschaft haben in Kirchlinteln das schwerste Problem gemeistert: den Flüchtlingen wieder eine Heimat zu geben. (So die Illustrierte „Heute“.)
Den 70. Jahrestag der Einweihung am Erntedankfest 1950 nahm jetzt Autor Hans-Jürgen Lange aus Dauelsen zum Anlass, diese wunderbare Geschichte aufzuarbeiten. Als Herausgeber fungiert die Zeitgeschichtliche Werkstatt im Kapitelhaus zu Wittlohe (Zwik). Für die Gesamtherstellung zeichnete Maik Meyer Web Print Design aus Kirchlinteln verantwortlich.
Die 80-seitige Broschüre mit über 80 Fotos und Dokumenten ist für 12,- Euro erhältlich in den drei Verdener Buchhandlungen, im Pfarrbüro der St.-Petri-Kirche, bei der Zwik (im Kirchenbüro Wittlohe), bei Uwe Laschat, Alter Kohlenförder Weg 29, in der Tourismusinformation im Lintler Krug, bei Hans-Jürgen Lange, Wischhofsweg 2 in Dauelsen, und in der Tankstelle Bomnüter.